Verfahrensfehler bei der Schätzung

Richterspruch des BFH befasst sich mit Verfahrensfehler bei der Schätzung

Das Finanzamt führt regelmäßig Prüfungen durch. Dabei spielt für die Häufigkeit die größe des Betriebs eine Rolle. Soweit die Buchführung mangelhaft ist, kann unter Umständen das Finanzamt die Grundlagen für die Besteuerung schätzen. Fachlich nennt sich dieser Vorgang Schätzung von Besteuerungsgrundlagen. Ein Verfahrensfehler bei der Schätzung kann schnell sehr teuer werden, dies muss man jedoch nicht hinnehmen.

Das Kassenbuch und Einnahmen in Bar

Erzielt ein Betrieb viele Einnahmen in Bar, ist ein Kassenbuch oder eine elektronische Kasse schnell Gegenstand des Anstoßes. In einem aktuellen Urteil hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) mit einer Weinschenke befasst. Dort werden selbst zubereitete Speisen und Wein aus eigenem Anbau verkauft. Der Betrieb verwendete in einem Raum eine Registrierkasse in einem anderen ein per Hand geführtes, selbst konzipiertes Kassenbuch.

Formfehler beim Kassenbuch führt zu Schätzung

Bei einer Außeprüfung stellte das Finanzamt fest, dass beide Kassenbücher mangelhaft sind. Einerseits fehlten bei der Registrierkasse die sog. Programmierprotokolle. Andererseits bei dem manuell geführten Kassenbuch die Kassenberichte. Das FA nahm daher eine Hinzuschätzung in Form einer sog. Richtsatzschätzung vor. Dabei orientierte sich das FA an den Werten für Gast- und Schankwirtschaften mit zugekauftem Wein.

Das Finanzgericht (FG) erkennt bereits Verfahrensfehler bei der Schätzung

Zuerst hielt das Finanzgericht (FG) die Schätzung durch das FA dem Grunde nach für berechtigt. Jedoch war das FG mit der Methode der Schätzung nicht zufrieden. Die Umstände wurden nicht ausreichend berücksichtig. Somit nahm das FG eine Hinzuschätzung auf die Netto Erlöse von 10 % vor. Dies führte in den Streitjahren zu geringeren Gewinnen und Umsätzen. Dennoch wirkte sich die Hinzuschätzung ertragsteuerlich um mehr als 50 % auf die erklärten Gewinne aus.

Der Steuerpflichtige hatte dazu vorgetragen, dass er in seinem Betrieb die höheren Umsätze und Gewinne den tatsächlichen Umständen nach gar nicht habe erwirtschaften können. Das Urteil des FG lies jedoch erkennen, dass es sich mit den Argumenten des Steuerpflichtigen nicht hinreichend befasst hat.

Nun erkennt der Bundesfinanzhof (BFH) Verfahrensfehler bei der Schätzung

In seinem Urteil vom 26.2.2018 mit Aktenzeichen X B 53/17 befasste sich der Bundesfinanzhof (BFH) nun mit den Fall und fand weitere Verfahrensfehler bei der Schätzung. Nach ständiger Rechtssprechung des BFH müssen bei einer Schätzung von Besteuerungsgrundlagen ermittelte Ergebnisse schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein. Weiterhin muss eine Schätzung das Maß der Pflichtverletzung bei Mitwirkung berücksichtigen, sowie tatsächliche Anhaltspunkte für eine treffende Höhe der Besteuerungsgrundlagen.

Das FG muss dem Steuerpflichtigen Gehör schenken

Das FG hatte zudem die Pflicht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Es muss in der Entscheidung nicht auf jedes Vorbringen eingehen. Dennoch müssen wesentliche Tatsachen und Ausführungen in den Entscheidungsgründen verarbeitet sein. Daran fehlt es im Streitfall.

Ob und in welchem Umfang der Kläger tatsächlich Umsätze und Gewinne erzielt haben kann ist für die Entscheidung erheblich. Der Kläger ist auf diesen Punkt umfassend eingegangen. Jedoch hat sich das FG zu dieser Frage in keiner Weise geäußert. Daher ist davon auszugehen, dass es sich mit diesem Punkt tatsächlich nicht beschäftigt hat, worin eine Verletzung rechtlichen Gehörs liegt. Ein schwerer Verfahrensfehler für die geänderte Schätzung durch das FG.

Es kommt nicht nur auf formelle Fehler, sondern auch auf materielle Fehler an

Beim Kassenbuch ist ebenso die Art und das Ausmaß der Pflichtverletzung bei der Mitwirkung wichtig. Dazu gehört die Frage nach konkreten Anhaltspunkten ob die Buchführung nicht nur nicht nur formell fehlerhaft, sondern auch materiell unrichtig ist. Hier findet sich der nächste Verfahrensfehler, denn bisher hat das FG hierzu nichts festgestellt. Diese Frage muss nach Ansicht des BFH aber von erheblicher Bedeutung für die Höhe einer Schätzung sein.

Fehler beim Kassenbuch vermeiden

Nicht immer finden sich gleich mehrere Verfahrensfehler bei der Schätzung. Hinzuschätzungen können schnell erhebliche Ausmaße annehmen. Klären Sie mit Ihrem Steuerberater rechtzeitig, ob Ihr Kassenbuch den aktuellen Anforderungen Stand hält. Bei Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.